Jahrestag der Loveparade-Katastrophe: Wir dürfen diesen Horror nie vergessen!

Das Protokoll des Unglücks

Duisburg – Es war eine der schlimmsten Katastrophen in Deutschland. Bei der Massenpanik auf der Loveparade starben heute vor einem Jahr 21 Menschen, über 500 Besucher wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Und noch immer leiden Opfer, Angehörige und Retter unter dem Erlebten.

Auch ein Jahr nach dem Drama ist die Schuldfrage noch nicht geklärt. Stadt, Polizei und Veranstalter „Lopavent“ schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

Ermittelt wird gegen 16 Beschuldigte, darunter elf Beamte aus dem Rathaus, vier Mitarbeiter von „Lopavent“ und der Einsatzleiter der Polizei. Der umstrittene Oberbürgermeister Adolf Sauerland und Veranstalter Rainer Schaller sind nicht darunter. Laut Staatsanwaltschaft ist mittlerweile klar, dass die Genehmigung der Loveparade „rechtswidrig erfolgte.

Ob und wann es zu einem Prozess wegen fahrlässiger Tötung kommt, ist unklar.

BILD dokumentiert, wie es zur Katastrophe kommen konnte.

8.03 Uhr: Die amtliche Genehmigung für die Loveparade geht per E-Mail bei der Polizei Duisburg ein.

8.23 Uhr: Die Polizei bemängelt unvollständige Absperrungen zwischen Veranstaltungsgelände und Bahngleisen.

10.05 Uhr: Der Krisenstab der Stadt Duisburg kommt zusammen.

11.53 Uhr: Die Polizei fordert, endlich das Gelände zu öffnen.

12.01 Uhr: Der Platz wird mit einstündiger Verspätung freigegeben. Bis zuletzt walzen Planierraupen Kies platt.

13.01 Uhr: Die Eintrittsschleuse an der Karl-Lehr-Straße droht, von Tausenden Ravern überrannt zu werden.

13.33 Uhr: 20 000 Menschen drängen auf die Anlage.

13.44 Uhr: Die Polizei warnt vor einem Massenansturm bei einsetzender Musik, regt deshalb an, die Schleusen weiter zu öffnen.

14.42 Uhr: Immer mehr Besucher bleiben auf der Rampe stehen. Rückstau bis in den Tunnel.

15.12 Uhr: Schichtwechsel der Polizei auf der Rampe. Mehrere Bullis kommen und rücken wieder ab.

15.20 Uhr: Der Rückstau reicht bis in beide Seiten des Tunnels, immer mehr Menschen strömen nach.

15.29 Uhr: Aus dem Polizeihubschrauber werden  350 000 bis 500 000 Raver in der ganzen Stadt gezählt.

15.34 Uhr: Erste Zäune werden eingerissen, die Besucher im Rückstau strömen unkontrolliert aufs Gelände.

15.50 Uhr: Die Schleusen vor dem Tunnel werden geschlossen, Polizeiketten gebildet.

15.58 Uhr: Zwei Lautsprecherwagen der Polizei fallen aus – technischer Defekt und Vandalismus eines Betrunkenen.

16.02 Uhr: Massiver Durchbruch von Besuchern, es gibt Tumulte mit Verletzten. Eine dritte Polizeikette wird auf der Rampe gebildet. Ein Pfropfen aus Menschen entsteht.

16.10 Uhr: Innenminister Ralf Jäger (50, SPD) erkundigt sich in der Einsatzzentrale über den Verlauf der Loveparade, von Problemen ist nicht die Rede.

16.11 Uhr: Der Druck auf die Polizeiketten ist zu groß, die Sperren brechen auf.

16.17 Uhr: Erste Besucher klettern jubelnd über die Treppe nach oben.

16.19 Uhr: Raver drücken Zäune nieder, darunter liegen Polizisten. Um sie zu retten, setzen andere Beamte Pfefferspray ein.

16.22 Uhr: Erste Sanitäter werden für den Tunnel angefordert.

16.23 Uhr: Tausende Besucher durchbrechen Absperrungen, rennen auf die A 59.

16.24 Uhr: Die 3. Polizeikette auf der Rampe löst sich auf.

16.28 Uhr: Ein Rettungswagen fährt durch die Schleuse. Hunderte Besucher strömen in den Tunnel nach.

16.35 Uhr: In Panik klettern die Menschen auf Flutlichtmasten und auf den Container des Crowd-Managers.

16.40 Uhr: Die Feuerwehr registriert erste „panikartige Bewegungen“. Menschen werden überrannt.

16.42 Uhr: Besucher melden: „Im Tunnel kippen die Menschen reihenweise um.“

17.02 Uhr: Die ersten beiden Todesfälle werden bekannt.

17.10 Uhr: Die Polizei fordert immer wieder Sanitäter an. Im Chaos kommen sie nicht bis zu den Verletzten durch.

17.22 Uhr: Hundertschaften räumen die Tunnel, ein Behelfslazarett an der Rampe wird eingerichtet.

17.29 Uhr: Polizisten melden 15 bis 20 Tote an der Rampe.

17.36 Uhr: Der Bahnverkehr nach Duisburg wird eingestellt, das Handynetz bricht komplett zusammen.

19.30 Uhr: Der Katastrophenort wird als Tatort abgesperrt. Die Mordkommission nimmt Ermittlungen auf.